Innenschaltungen linearer ICs
uA 715, ein früher Operationsverstärker

Die im letzten Kapitel vorgestellten ICs waren zwar auf den Datenblättern größtenteils schon als Operationsverstärker bezeichnet, wiesen aber noch nicht alle Eigenschaften auf, die man ab Mitte der sechziger Jahre von ihnen erwartete. Wegen ihrer viele Anschlüsse erlaubten sie eine sehr flexible Anwendung, was aber nur selten genutzt wurde. So blieben Kompensations- Pins unbeschaltet, wenn ein Kondensator parallel zum Gegenkopplungs- Widerstand ausreichte.

Man brauchte die Anschlüsse dringender zum Offsetabgleich. Doppel- oder vierfach- Op.Amps. hatten sowieso keine Pins frei. Deshalb haben fast alle Typen der folgenden Kapitel nur noch interne Kompensation oder einen einzigen Anschluss für externe Kompensation.

Der uA715 hatte trotz seiner noch überschaubaren Zahl von Transistoren einige wesentliche Schaltungsverbesserungen. Weil er ohne Trickschaltungen auskommt, wurde er als erster Typ exemplarisch für diese Kategorie ausgewählt.

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                                                                        Für Liebhaber elektronischer Schaltungen soll in diesen Zusatztexten auf einige Details hingewiesen werden, die mir aufgefallen sind. Dabei sind meine Erklärungsversuche mit Vorsicht zu genießen. Schon einige Male habe ich Tage später eine Funktion ganz anders interpretiert als beim ersten Studium der Schaltung.

Hier, beim uA715, knobelte ich geraume Zeit über den Sinn des rechten 25 kOhm Widerstandes am Emitter des Darlingtons hinter der Zwischenstufe. Wie im ersten Bild beschrieben, ist wohl die wichtigste Aufgabe, einen fast- Kurzschluss bei voller negativer Aussteuerung zu verhindern. Eine weitere Funktion: Eine Höhenanhebung durch den parallelen Koppelkondensator setzt eine Dämpfung für niedrige Frequenzen durch den Widerstand voraus.

Warum wird er von einem Stromspiegel mit dem gleichen Strom wie die Zwischenstufe gespeist? Zum Glück hat das Original- Schaltbild Widerstandsangaben. Deshalb soll hier einmal gezeigt werden, wie man bei der Analyse der Gleichströme und Arbeitspunkte vorgeht: Leider findet man hier keinen festen Spannungsteiler zwischen +Vcc und -V. Aber der Stromspiegel kann als Startpunkt dienen. Die Ströme verhalten sich umgekehrt proportional zum Verhältnis der Emitterwiderstände.

Zuerst sucht man den für alle Stromgeneratoren maßgeblichen Steuerstrom. Man erkennt ihn daran, dass von seinem Zweig die Spannung für die gemeinsame Basisleitung abgegriffen wird. Hier findet man zu diesem Zweck einen Emitterfolger am Collector des Stromgenerators der Zwischenstufe. Bezogen auf diesen Strom ( Iz ) ist der durch die Eingangsstufe etwas kleiner, Iz x 300/500, und der des danebenliegenden Spannungsteilers viel kleiner: Iz x 300/2000.

Setzen wir nun voraus, dass durch beide Zweige der Differenzverstärker jeweils die Hälfte des Gesamtstromes fließt. Die Spannung am 25 kOhm Widerstand der Zwischenstufe beträgt:
V(25kOhm) = Vb - V(2kOhm) - Vbe- V(6kOhm) -Vbe -Vbe -Vbe -V(2kOhm)
Von oben nach unten angereiht. Die Collector- Emitter- Spannung des Zwischenstufen- Stromgenerators ist unbekannt. Deshalb wurden die Spannungen des Stromspiegel- Zweiges als letzte drei Posten eingesetzt.
Vb = Gesamt- Betriebsspannung zwischen Pin +Vcc und Pin -V.
Vbe = Basis Emitter Spannung, bei diesen kleinen Strömen ca. 0.6 V.
V(2kOhm) = 2000 Ohm x Iz x 300/2000 = Iz x 300 Ohm
V(6kOhm) = 6000 Ohm x Iz x 300/500 x 1/2 = Iz x 1800 Ohm

V(25kOhm) ist aber auch Iz x 25 kOhm. So kann nun Iz berechnet werden:
Iz = (Vb - 4 Vbe) / (25000 + 300 + 1800 + 300)

Nun wieder zum rechten 25 kOhm Widerstand! Wegen des Stromspiegels fließt durch ihn ebenfalls Iz. So kann man jetzt den Spannungsabfall berechnen, und kommt über ihn zur Spannung am 75 Ohm Widerstand, der für den Strom durch die Endstufe maßgeblich ist.

Wenn man etwas Übung beim Lesen von Schaltbildern hat, braucht man oft nicht nachzurechnen, um die Verhältnisse zu erkennen. Auch ohne den genauen Wert von Iz zu kennen, kann man die Spannungen abschätzen: Auch in der jetzt interessierenden Kette gibt es viermal die Basis- Emitter- Spannung und Iz x 25 kOhm. Dazu noch 4 kOhm x Iz/2. Bleibt ein Spannungsrest von 400 Ohm x Iz. Der Steuerstrom der Endstufe ist also 400/75 mal größer als Iz.

Noch einige Details zur Endstufe: Die 50 Ohm Widerstände dienen in erster Linie zur Kurzschluss- Strombegrenzung. Aber auch der Ruhestrom wird durch sie auf einen Wert eingestellt, der kleiner als der Strom durch die als Dioden geschalteten Transistoren des Basisspannungsteilers ist.

Der PNP Transistor ist im Originalschaltbild mit zwei Emitter gezeichnet. Zum besseren Verständnis der zweiten Funktion als Sättigungsbegrenzer des Darlington- Verstärkers habe ich ihn getrennt dargestellt. In Natura hat dieses IC jedoch tatsächlich nur einen einzigen, großen PNP Lateral- Transistor. Wegen der schlechten Hochfrequenz- Eigenschaften versuchte man, diese nach Möglichkeit zu vermeiden oder nur in unkritischen Schaltungsteilen außerhalb des eigentlichen Signalweges zu verwenden. Hier liegt er im Signalweg, allerdings nur als Emitterfolger, und wahrscheinlich auf Kosten der Stromverstärkung halbwegs HF- tauglich dimensioniert.

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